Inhalt express 8/2007

Gewerkschaften Inland

Willi Hajek: »Ausbruch aus dem Paradies«, Piloten, Ärzte, Lokführer – wer traut sich als Nächstes?        S. 1

Frank-Uwe Betz: »Ein Zug nach Nirgendwo«, gegen den Ausverkauf der Bahn   S. 2

Hugo Claus: »Auch ohne Programm: Debatten«, zum ver.di-Bundeskongress in Leipzig S. 6

Anton Kobel: »Der lange Morgen danach«, ein Kommentar zu sechs Jahren ver.di         S. 6

Anton Kobel: »ver.di auf der Rutsche!«, Rückschritte können sinnvoll sein – wenn man vor dem Abgrund steht  S. 7

Anton Kobel: »Lidl-Kampagne vor dem Aus?    S. 8

»Ein Anfang und (k)ein Ende«, ein Gespräch mit Peter Bremme zur Zukunft des »Organizing« in ver.di   S. 9

»Irrwitzig und maßlos«, die Forderungen der GDL in einem anderen Licht           S. 10

»Mitwirkung statt Mitbestimmung«, Änderung der Personalvertretung in NRW – ein Prototyp?    S. 11

»Stattliches Eskalationsprogramm«, Komitee für Grundrechte und Demokratie zu G-8-Ereignissen         S. 14

 

Betriebsspiegel

Thomas Hoffmann: »Schwindelerregend«, über die Arbeitsbedingungen in der vollstationären Pflege     S. 4

Uli Maaz: »Wir sind so frei«, Teuer erkauft: Privatisierung der Städtischen Kliniken in Hamburg   S. 4

WSI: »Reform-Rendite«, eine Auswertung der Bezüge von Vorstandsvorsitzenden         S. 8

Dieter Wegner: »Ein Gespenst geht um in Nordhausen«, Besetzte Fahrradfabrik: Für Linke nur eine Projektionsfläche ihrer Wunschträume?     S. 11

 

Rezension

Wolfgang Schaumberg: »Geduld, GenossInnen«, über die »Arbeiter« und 1968 S. 16

Bilder: Alle Bilder dieser Ausgabe wurden uns von Dieter Wegner zur Verfügung gestellt, der die BesetzerInnen der Fahrradfabrik Bike Systems in Nordhausen besucht und darüber auch einen Bericht beigesteuert hat. Wir danken!

Editorial

»Das Volk soll sich nicht versammeln, es soll sich zerstreuen«, so der kolportierte Kommentar von Klemens Wenzel Nepomuk Lothar Fürst von Metternich-Winneburg zu Beilstein zu den Ereignissen von 1848.

Als Gegner von Demokratie und Liberalismus, der damals noch eher bürgerliche Emanzipationsbewegung und noch nicht ökonomistisch auf Neo- verkürzt war, errichtete er einen Polizeistaat, zu dem Zensur, Spitzelwesen und die Verfolgung von Intellektuellen und Künstlern gehörten. Ungefähr in diesem politischen Klima scheint die Bundesrepublik im Sommer 2007 wieder angekommen – allerdings ohne dass eine bürgerliche Emanzipationsbewegung in Sicht wäre. Stattdessen rumort es im Felde des Sozialen, davon zeugen auch in diesem express wieder einige Beiträge. Kostengünstige Lösungen zur Vermeidung von Rumor sind es vermutlich, die wiederum den bürgerlichen »Terrorexperten« und Politologen Herfried Münkler dazu bewegen, sich der Regierung mit folgendem guten Rat anzudienen: Gebt Hartz IV-Betroffenen Schrebergärten, statt das ALG II zu erhöhen. Das ist ›moderne‹ Innen- und Sicherheitspolitik: Radi-Zucht gegen Radikalisierung…

Bahnchef Mehdorn, ein Fürst unserer Tage, benennt den Zusammenhang klarer, wenn er, wie Willi Hajek in dieser Ausgabe erinnert, den Lokführern »Terrorismus« vorwirft, weil sie mit ihrem Streik die braven Bürger daran hinderten, sich ihre wohlverdiente Sommerzerstreuung zu holen. Zerstreut werden soll nach Mehdorns Facon nicht nur das Volk, sondern auch das Vermögen der Bahn – dazu der Beitrag von Uwe Betz. Auch die Autoren des Kommunistischen Manifests hatten bereits einige Argumente gegen die Privatisierung in der ein oder anderen Hinsicht zusammen getragen. Weil das allgemeine Wohl und das Privateigentum sich nicht so gut vertragen, wie behauptet, forderten sie eine Zentralisierung der Bahn – und traten für Assoziationen neuer Art ein. Das wird noch heute nicht gern gesehen:

Was Metternich die Karlsbader Beschlüsse, das ist den heute politisch Herrschenden, inklusive Juristen, der § 129a, mit dem alle möglichen Tatbestände, von der Sachbeschädigung an drei Bundeswehrfahrzeugen durch Gegner der militärischen »Friedensaktion« in Afghanistan bis zum Verbrechen, kritische Stadtsoziologie in Berlin zu betreiben, einfach zu terroristischen Aktionen erklärt werden können. Wie mit Protesten wie dem gegen das G8-Treffen in Heiligendamm umgegangen wird, hat das Komitee für Grundrechte und Demokratie beobachtet und dokumentiert – auch in dieser Ausgabe.

Dass der Umgang mit Rechtsstaatlichkeit immer willkürlicher wird, beschäftigt zwar einige – vielleicht auch nicht wenige – kritische Geister, aber große gesellschaftliche Institutionen wie zum Beispiel die Gewerkschaften eher nicht. Sie befassen sich mit ihren Kongressen, bei denen es allerhand Debatten gibt – auch ohne Programm, wie Hugo Claus für oder besser gegen ver.di meint. Dabei hätten sie historisch gute Gründe, ein Augenmerk auf den Zusammenhang von innenpolitischer Repression und ökonomischer Krise zu werfen.

Damit dennoch zusammen kommt, was zusammen gehört, und weil die Sprengminen der bürgerlichen Gesellschaft überall – warum nicht auch in Schrebergärten? – liegen können, haben wir beschlossen, dass der express künftig zum Soli-Umlagepreis von 12 Euro für alle ALG II-BezieherInnen, Erwerblosen- und Sozialhilfeinitiativen zu haben sein muss – Bestellt, lest, assoziiert Euch!

 

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