express 8/2004

Inhalt

Gewerkschaften Inland

»Obszönes (Fuß-)Volk«, Interviews mit Bernd Gehrke, Renate Hürtgen und Klaus Wolfram zu den Montagsdemonstrationen          S. 1

Ena Bonar: »Vorwärts und oft vergessen – die Solidarität!«, Zwischenruf zu den Bündnissen gegen Hartz IV und andere Sozialkürzungen      S. 5

»Selber denken«, Teil II des Gespräches über Gewerkschaftsautonomie, alte und neue Sozialdemokratie mit H.G. Lang und Anton Kobel         S. 6

»Hartze Zeiten«, oder: wer vier sagt, muss auch rechnen können           S. 6

Torsten Bultmann: »Wettbewerb von der Wiege an«, Hochschulumbau und Transformation der gesellschaftlichen Wissensproduktion         S. 10

Betriebsspiegel

I. Ahlers/C. Schäfer: »Kompressibilität«, WSI-Studie zu Gesundheitsbelastungen undPrävention am Arbeitsplatz       S. 13

Europa/Internationales

»Bessere Löhne und Papiere«, Interview mit Mónica Santana vom Latino Workers Center  S. 8

»Private Fertighäuser statt kollektive Kacheln«, Zanón erneut von Räumung bedroht      S. 11

»Karawane für das Leben«, Interview mit Beatrix Sassermann zu den kolumbianischen Verhältnissen    S. 12

SUD Rail: »Streikrecht beschnitten – Öffentlicher Dienst verbessert?«   S. 14

SUD Rail: »Einheit gegen Attacke«, einhellige Reaktion französischer Gewerkschaften auf den Angriff auf das Streikrecht       S. 16

Dokumentation

»Wir haben es satter!«, Erklärung Ex-DDR-Oppositioneller        S. 2

»Kettenreaktion?«, zum »Aufstand der SPD-Anständigen«        S. 2

»Hartz IV für Alle!«, offener Brief an J. Hoffmann und G. Milbradt          S. 5

bildnachweise: alle bilder dieser ausgabe aus: stefan moses, abschied und anfang, ostdeutsche porträts 1989-1990, stuttgart 1993, ISBN 3-89322-225-1

 

Editorial

Die hartzigen Reformgesetze bringen uns um unsere materiellen Grundlage, pardon, wir korrigieren: Die Proteste gegen die Reformen entbehrten jeglicher »materiell fundierten« Grundlage, die Gesetze seien nur »schlecht kommuniziert«, und die Proteste unterlägen einer mehr oder weniger gezielten »Missinformation« (das Böse ist immer und überall), verlautbart Mister Information und Regierungslautsprecher Anda und meint keine Mistinformation, aber doch eine Mistwirtschaft seiner Dienstherrenschaft – aber nur im Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologie. »In der Sache kein Korrekturbedarf«. »Obszön« ist vielmehr, wer die »Brunnen im Osten vergiftet« mit anderslautenden Informationen, auf dass das Volk vom rechten Glauben ab- und auf die eigenen Füße fällt – meint Ihro Superministerns Vertreter auf Erden Clement. »Hartz wird Eins zu Eins umgesetzt«, so war es, ist es und wird es sein, wenn’s nach Gerhards Gnaden geht. »Ich brauche keine Opposition, weil ich bin bereits (Sozial-)Demokrat«, könnte man in Anlehnung an eines anderen Gerhards (Polt) weise Worte solch autokratischer Sonnenkanzlerei soufflieren.

Aber nicht alle fallen vom Glauben ab: An »Eins zu Eins« und die »Vision« von Peter Hartz glaubt auch heute noch Frau Kunkel-Weber (remember: ver.di-BuVo und unsere Frau in der Hartz-Kommission) und kann sich gar nicht erklären, wie es plötzlich zu den Leistungskürzungen kommt bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Das hat man so nicht gewollt. Aber man hat ja auch nichts gewusst damals, oder geahnt auch nur. Dass der Kanzler nämlich ein ganz anderes Rechensystem benutzt, denn wie soll man das sonst erklären, dass der Eins und Eins jetzt auch für sich beansprucht, wo man das doch damals selbst gefordert hat, dass das so und nur so umgesetzt werden darf. »Wir wurden nicht über den Tisch gezogen. Wir wurden enttäuscht«. Wir können (ihr) aber zumindest erklären, warum es doch das gleiche System ist und kein Grund besteht, vom Glauben an das sozialdemokratische Gute abzukommen: Revolution wird im Gewerkschaftswörterbuch nämlich genau wie bei den Sozen künftig mit »f« geschrieben, weil’s nämlich von Reform kommt. Eigentlich und logisch. Wir widmen diese Ausgabe anderen Schreib- und Denkweisen, in denen radikale Differenzen noch und wieder zum Ausdruck kommen.

 

express 8/2004