express 9/2004

Inhalt

Gewerkschaften Inland

»Im Westen nichts Neues«, »Wessi«-Kollegen zu Hartz und den Montagsdemonstrationen  S. 1

Thomas Gehrig: »Die Partei, die Partei…«, Alternativen zur Wahl statt Wahlalternativen   S. 4

Hans-Gerd Öfinger: »Wahl zwischen Pest und Cholera?«, über den Kampf um die Privatisierung der Deutschen Bahn            S. 5

»Unsere Regeln taugen nichts!«, mit Razzien und Zoll gegen Lohndumping am Bau?     S. 8

Betriebsspiegel

Achim Neumann: »Demokratie? Im Betrieb nie!«, über die Notwendigkeit bei Lidl Demokratie durchzusetzen      S. 7

Achim Neumann: »Der „Schwarz(e) Riese“«, Lidl – Dimensionen eines Konzerns S. 7

Europa/Internationales

Saskia Boumans: »Wendet die Flut«, harte Konfrontation zwischen Regierung und Gewerkschaften in den Niederlanden            S. 10

Claudia Liebelt: »World citizenship for everybody«, über Arbeitsmigration in Israel         S. 12

W.Hajek/K.Huckenbeck: »Die Kosten rebellieren weiter«, »ungebetene Gäste« bei Accor – Solidaritätskomitee weiter aktiv     S. 16

Dokumentation

D.Rucht/M.Yang (WZB): »Gute Idee, schlecht ausgeführt«, wer sind die Demonstrierenden gegen Hartz IV?       S. 2

»Eine prima Sache?«, zur Nachahmung empfohlen: SoPo schreibt an Wohlfahrtsverbände als Vorreiter bei 1-Euro-Zwangsdiensten           S. 4

»Eine Idee für Europa«, europäischer Verband der Wanderarbeiter        S. 9

BAG-SGI: »Vorsicht! Arbeitslosengeld II«, damit Sie nicht unter die Räder kommen!      S. 12

Rezension

Slave Cubela: »Zurück in die Zukunft?«, 130 Jahre Arbeiterbewegung am Stück betrachtet von Beverly J.Silver „Forces of Labor. Workers´ Movement and Globalization since 1870“     S. 14

»Lokalnazismus«, Broschüre von Frank-Uwe Betz und Anton Kobel über „Antisemitismus – Verfolgung – Zwangsarbeit, Nazizeit im Raum Schwetzingen“           S. 15

 bildnachweise: S. 1, 4, 5, 6, 11: david attenborough, das geheime leben der säugetiere, bern 2003, isbn 3-502-15033-8 – S. 3: stefan moses, abschied und anfang, ostdeutsche porträts 1989-1990, stuttgart 1993, isbn 3-89322-225-1 – S. 13: hans köbrich, privatarchiv

 

Editorial

Ausschlussgründe

Unmittelbar nach dem Abschluss der Betriebsvereinbarung bei DaimlerChrysler, mit der der Konzern sein 500-Millionen-Euro-Sparpaket durchsetzte, schien die Welt wieder in Ordnung, jedenfalls für den Gesamtbetriebsrat und führende IGM-Funktionäre: »Niemand muss mehr fragen, ob sein Standort in den nächsten Jahren noch existiert, ob sein Einkommen sicher ist…« (J. Hofmann, Bezirksleiter der IGM Ba-Wü). Auch für die Konzernführung war wieder alles im Lot: Statt Weltuntergang feierte sie eine Gewinnsteigerung von 1,5 Mrd. Euro im zweiten Quartal.

Nur für die so genannten »Mettinger Rebellen« war die Welt nicht in Ordnung, der »Kompromiss« ohne Not und vorherige Diskussion in den Belegschaften zustande gekommen und roch daher »faul«.

Sie formulierten ihre Kritik an der Spaltung der Belegschaft über unterschiedliche Arbeitszeiten und -löhne für »Kern-« und »Rand«-Belegschaften, an Arbeitszeitverlängerungen, ob bezahlt oder unbezahlt, Pausen- und Lohnkürzungen in einem Flugblatt, das kurz nach dem Aktionstag und dem darauf folgenden Abschluss erschien (s. express, 6-7/04). Und sie standen, entgegen dem Bild vom gallischen Häuflein der Dauerrenitenzler, nicht allein mit dieser Kritik, wie zahllose Reaktionen aus Belegschaften (nicht nur bei DC) nach dem Abschluss zeigten.

Doch wie’s so geht, wenn eine Niederlage in einen Sieg umgedeutet werden muss: Der Spalter-Vorwurf erging nun an diejenigen, die die Spaltung kritisieren. IGM-Bezirksleiter und Ortsbevollmächtigte in Esslingen wollen die KollegInnengruppe um die Betriebsräte Tom Adler und Michael Clauss zur Rechenschaft ziehen für eine »Schwächung der IGM«, »Verstöße gegen die Beschlusslage gewählter Organe« (unerlaubtes Fernbleiben der Spätschicht von der Arbeit) und für den Protestmarsch auf der B10, die im Laufe des Aktionstages von rund 2000 Mettinger IGMlern vorübergehend blockiert wurde. Um letzteres kümmert sich bereits die Staatsanwaltschaft…

Wie heißt es so schön in dem Brief eines Abschlussbefürworters gegen einen Kritiker im Labournet: »Betriebsräte können, eben wegen ihrer Verankerung im Einzelkapital, Kostensenkungsforderungen … nicht einfach ignorieren. (…) kommt es darauf an, die Rolle von Tarifverträgen als Auffanglinie zur Regulierung der Konkurrenz … nicht aufzugeben.« (U. Meinhardt, IGM Stuttgart). Was soll man von einer Organisation erwarten, die sich eben dieser Logik des Einzelkapitals in ihren Tarifverträgen öffnet, und das auch noch als notwendige »Flexibilisierung« feiert? (B. Huber, 2. Vors. IGM)

In der Tat: Wir stehen »am Anfang, nicht am Ende der Auseinandersetzungen« (Flugblatt der Mettinger).

 

express 9/2004