Inhalt express 04/2017

Druckausgabe express 4/2017

Gewerkschaften Inland

  • Timmo Scherenberg: »Ein bisschen Fördern und viel Fordern« – Eine erste Bilanz des Integrationsgesetzes 1
  • Spendenaufruf: »NSU-Komplex auflösen!«             5
  • Interview: »Widersprüche und Visionen« – Die Initiative Sanktionsfrei bietet unkomplizierte Hilfe bei Auseinandersetzungen mit dem Jobcenter 7
  • »Ostwind« – Tagungsankündigung 8
  • WSI: »Zahlen lügen nicht« – Die Kritik an Armutsstatistiken ist meist unberechtigt 16

Betriebsspiegel

Internationales

Rezensionen

  • Stefan Schoppengerd: »Feministisch arbeiten« – Gespräche mit Gewerkschafterinnen 4
  • Rainer Butenschön: »Offene Rechnungen« – Karl Heinz Roth und Hartmut Rübner über die deutsche Reparationsschuld in Griechenland 9

Nachruf

  • Zum Tod von Mainhard Schmidt 6

Bildnachweise: Die neueste Veröffentlichung des Schweizers Tom Tirabosco ist eine autobiographische Spurensuche: Was hat ihn zu dem Zeichner werden lassen, der er heute ist? Eine Frage, die keine eindimensionale Antwort zulässt. Nicht nur die Inspirationen durch Comic, Film und Malerei sind entscheidend – wichtiger noch scheinen die Konflikte in der Familie, Eifersüchteleien und Kämpfe um Anerkennung, die der junge Tom mit seinen Eltern und seinem körperbehinderten Bruder Michel auszutragen hat. Wir bedanken uns sehr herzlich beim avant-Verlag für die Überlassung der Bilder.
Tom Tirabosco: „Wunderland“, avant-verlag, Berlin 2017, 136 Seiten, 24,95 Euro, ISBN 978-3945034576

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

die Wendung vom »Fördern und Fordern«, die Euch diesmal auf der Titelseite anlacht, hat das Haltbarkeitsdatum einer Modefloskel des politischen Betriebs eigentlich längst überschritten. Als die Agenda 2010 noch frisch war und Hartz I bis IV noch unbeschwert als »Gesetze zur Förderung moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt« verkauft werden konnte, war sie in aller Munde. Dann hat man sie ein paar Jahre nur noch selten vernommen, bis sie jüngst für die Flüchtlingspolitik wieder entstaubt wurde. Botschaft: Auch der Asylant kann nicht einfach nur die Hand aufhalten! Dieses Signal zu senden war der Regierung ein wichtiges Anliegen geworden, nachdem sie ihre Felle in Richtung rechter Rand davonschwimmen sah (ein Rand, der aber innerhalb der Regierungskoalition beginnt…). Timmo Scherenberg zeigt uns, wo sich zwischen vielen Verschärfungen im sogenannten Integrationsgesetz auch die ein oder andere sinnvolle Maßnahme verbirgt.

Kann man eigentlich auch Nein sagen, wenn der Staat mit seinen fürsorglichen Forderungen anklopft? Es geht – am besten sogar unter Berufung aufs geltende Recht, das in vielen Fällen eben nicht auf der Seite der Bürokratie ist, wie die Initiative »Sanktionsfrei« zeigt. Sie bietet digitale Hilfestellung bei der Existenzsicherung: Rechte wahrnehmen 2.0. Leichter fällt das Nein-Sagen dem bundesrepublikanischen Staat gegenüber (noch offenen und berechtigten) Forderungen anderer Staaten – wie z.B. Griechenland aus Zeiten der Nazi-Besatzung, wie Rainer Butenschön mit seiner Rezension des neuen Buchs von Karlo Roth und Hartmut Rübner zeigt. Zeit, das zu sanktionieren.

Im Aufstellen von Forderungen haben Gewerkschaften zwar ebenfalls eine gewisse Routine und oft auch gute Gründe dafür. Aber nicht immer sind sie bereit und/oder in der Lage, die Nichterfüllung wirksam zu sanktionieren: Manchmal müssen die nötigen Strukturen erst noch aufgebaut werden (unter_bau), manchmal sitzt der Gegner trotz allen Einsatzes am längeren Hebel (Alstom), manchmal gerät vor lauter Sozialpartnerschaft (Japan) in Vergessenheit, wozu Gewerkschaften eigentlich da sind. Mal gebärden sich große Gewerkschaften als verlängerter Arm des Konservatismus (Polen), mal suchen sich die Beschäftigten dann eben neue Wege zur Beförderung der Durchsetzung ihrer Forderungen – wie die Docker, aber auch die Landarbeiter in Spa­nien. Mit ihren Streiks und Landbesetzungen haben sie EU und Regierung einen Strich durch deren Rechnungen gemacht und angeblich nebenbei für »Unregierbarkeit« gesorgt. Mit dieser positiven Aussicht wünschen wir angenehme Lektüre.