Inhalt express 5/2017

Druckausgabe express 5/2017

Gewerkschaften Inland

Betriebsspiegel

  • »Auch im Online-Handel: Kein 7×24« – Juristischer Erfolg für ver.di 5
  • Peter Nowak: »Generalenthaftung« – Berliner Gericht entscheidet gegen Arbeiter der »Mall of Shame« 9

Internationales

Rezensionen

Nachruf

  • Renate Hürtgen und Bernd Gehrke zum Tod von Dieter Walther 7

Bildnachweise:

„Seit Titow und Gagarin um die Erde zogen,
gilt es für alle Welt als klarer Fall:
Die Kommunisten haben uns noch nie betrogen,
sie schicken auch den Dritten in das All.“

So wollte es das DDR-Propagandalied „Affenschande“ von 1961 – während die Sowjetmacht längst menschliche Besatzungen ins Weltall geschickt hatte, beschränkte man sich bei der NASA noch auf Tiere: „Lasst die Schimpansen doch in Ruh, und lernt vor allem eins dazu: Im Weltraum siegte die SU!“ Die Leistungen der Kosmonauten stehen für eine Erfolgsgeschichte des Kommunismus, die allerdings mit Blick auf das Ziel einer klassenlosen Gesellschaft längst fragwürdig geworden war. Mit der Kritik der Sowjetgesellschaft als Klassengesellschaft macht uns Renate Hürtgen in dieser Ausgabe bekannt. Die Bilder von den kosmonautischen Spitzenleistungen und ihrer Verarbeitung in der russischen Science Fiction haben wir von www.flickr.com, wo sie unter Creative Commons-Lizenz erschienen sind.

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

Nein, auch wenn das WSI den Eröffnungsschachzug seiner neuesten Wasserstandsmeldungen zu prekärer Beschäftigung in Deutschland mit dem bemerkenswerten Satz »Der Arbeitsmarkt in Deutschland hat sich positiv entwickelt« macht und auch wenn jetzt von Macron bis Merkel kein Quäntchen Rheinwasser mehr die klare Brühe trübt, aus der die neoliberalen Agenda-Apologeten ihre Weisheit löffeln: Man muss auf das Kleingedruckte achten. Manche halten das für das Wesentliche, andere für nichts, das einer Erwähnung bedürfte. Überhaupt, die Worte. Schon wer sie sagt, macht einen Unterschied. Wir sind froh, dass Jean Ziegler immer noch von Mord redet, wenn er die Gründe für das Verhungern analysiert. Nicht viele Promis machen das, er tut es seit Jahren und wird es auch beim Gipfeltreffen der Großen in Hamburg tun. Wenn unsere FreundInnen von »watch the med« in ihrem letzten Bericht über das »töd­liche Rettungsvakuum auf dem Mittelmeer« sagen, dass dort ein Sterbenlassen geschehe (während überall das Osterfest gefeiert wird), werden sie und all die anderen zivilen NGOs denunziert, die sich um die Rettung der Schiffbrüchigen kümmern, wird ihr Treiben gegen das Treibenlassen als Unterstützung krimineller Schleuserbanden diffamiert (http://alarmphone.org), mit der die Überfahrt noch riskanter und tödlicher werde. Ja, und dann die Wahrheit. Auch so eine Sache, über die man streiten kann. Gestritten wird in dieser Ausgabe viel: darüber, aus welcher Perspektive genau es egal ist, ob sich nun die extreme Rechte oder die gemäßigte Rechte mit eurokeynesianischen Einschlägen und selektivem Interesse an Einwanderung durchsetzt (s. die Kommentare aus und über Frankreich). Ob die Zivilgesellschaft, jene »Bruderschaft der Nacht«, wie Ziegler meint, ein Kontrazeptivum, ein Antidot oder doch nur ein Palliativ ist? Auch ob die Lohnabhängigen, die ArbeiterInnen, die ProletarierInnen oder doch jene ominöse Mittelschicht nun Träger des national-sozialen Projekts sind, das sich derzeit in Europa, gegen Europa oder doch nur gegen die EU Geltung verschafft, ist so ein Streitgegenstand. Dass bei all dem auf die Partei, die immer Recht hat und ihre Wahrheit aus der Wirklichkeit bezieht, kein Verlass war und ist, damit aber noch lange nicht geklärt ist, ob nun Markt und Sozialismus ein Gegensatz sind, daran erinnert der Beitrag über Charles Bettelheim. Und dass überhaupt schlecht beraten ist, wer sich mit dem Schein (in dem Fall einer Anweisung aus der Türkei) begnügt, das erfahren die türkischen KollegInnen, die derzeit im Rechtsstaat Deutschland in Haft gehalten werden, ohne ein Verbrechen begangen zu haben. Wo genau hier der rich­tige Weg jenseits falscher Alternativen und Scheingefechte liegt…? Positiv denken? Das scheint leicht dahergesagt, aber schwer zu machen. So bleibt uns nur, mit Brecht zu schließen: »Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluß! / Es muß ein guter da sein, muß, muß, muß«…