Inhalt express 10/2015

GEWERKSCHAFTEN INLAND

  • Laurenz Nurk: »Schlachten oder melken?« Über die heilige Kuh Werkverträge
  • Sara Katzani & Stefan Schoppengerd: »Stabile Vernetzung«. Bericht über die UmCare-Konferenz
  • Göttinger Betriebsexpress: »Zurück zum Stuhlkreis?« Kommentar und Vorschlag zur SuE-Einigung
  • Ralf Kliche: »FaktenCheck: FCH-Konferenz«. Notizen zur Tagung »Griechenland und wir«
  • Leserbrief zum Artikel »Was bringt der IGM-Gewerkschaftstag?«

BETRIEBSSPIEGEL

  • Kritische AktionärInnen: »Bleierne Jahre bei VW«. Anzeige gegen VW wegen Kollaboration mit der brasilianischen Militärdiktatur
  • Solidaritätskreis Daimler Bremen: »Ein Politikum«. Kein Rechtsschutz der IGM für abgemahnte KollegInnen von Daimler-Bremen?

INTERNATIONALES

REZENSION

  • Anton Kobel: »Erwitte 1975 – ein deutsches Märchen? Über die vermutlich erste Betriebsbesetzung der BRD«

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

»Ich zähle täglich meine Sorgen, denn ich sorg mich sehr…« sang Peter Alexander 1960 in dem gleichnamigen Film. Die einzigen Sorgen, die hier beschrieben werden, sind Ängste um den Verlust des Privateigentums an der Liebsten, in der englischen Fassung des Songs damals noch mit »heartaches« übersetzt.

Wenn wir uns heute modern sorgen wollen, müssen wir von Care sprechen. Und wenn wir die (Arbeits-)Verhältnisse im Sorge-Sektor grundsätzlich verändern wollen, sprechen wir von der CareRevolution bzw. dieses Jahr eben von der UmCare. Der Umkehr also der gesellschaftlichen Dynamik – natürlich nicht zurück zu Peter Alexander – sondern in eine andere Richtung, in Richtung Widerstand und Emanzipation. Das war das Thema der großen Konferenz, von der wir hier berichten und zu der wir auch eine neue »Ränkeschmiede« publiziert haben: »Gewerkschaften und Care-Arbeit. express-Texte zur Care-Debatte 2009–2015, die in diesen Tagen in die zweite und erweiterte Auflage geht.

Aber wir sorgen uns – unabhängig von politischen Konjunkturen – noch um mehr: Anton Kobel erinnert mit seiner Rezension von Dieter Braegs Buch über den Streik der Betonarbeiter bei Erwitte 1975 an die Wurzeln einer gesellschaftlichen Umkehrbewegung in den 60er-/70er-Jahren und ein wahres Sommermärchen. Wolfgang Schaumberg und Xu Hui sorgen sich um die Arbeitsverhältnisse von ChinesInnen und zugleich für praktische Kontakte zwischen KollegInnen hier und dort.

Große Sorgen machen wir uns natürlich auch um die Auswirkungen der verschiedenen Handelsabkommen, die gerade verhandelt werden. »Wandel durch Handel« ist, nein: kein Song von Peter Alexander, sondern das optimistische Motto der Befürworter, das von den Kritikern auch gar nicht bezweifelt wird. Die Frage ist, welcher Wandel wohin. Das zeigt Dan DiMaggio am Beispiel USA-Guatemala.

Eine Umkehr in finstere Zeiten scheint die Türkei schon hinter sich zu haben; dass dies für die gesellschaftliche Opposition und die bevorstehenden Wahlen dort nicht Gutes heißt, schildert Ismail Küpeli. Dass dies die Herrschenden hierzulande offenbar gar nicht kümmert, treibt uns sorgenvolle Schweißperlen auf die Stirn – ebenso wie die plötzliche Entdeckung der Sorge um Flüchtlinge, deren gleichnamige Krise den »Entscheidern« dazu dient, den SorgearbeiterInnen im SuE ihr Budget zu kürzen. Eine verkehrte Welt – aber das hat sich seit den 60ern nicht geändert, und deswegen zählen wir weiter täglich…

Druckausgabe express 10/2015

2015-10_NAFTA
2015-10_Schaumberg_Weltwohngemeinschaft