Veranstaltungshinweis: Arbeitskämpfe in China und Aufruhr in Hong Kong – Welche Perspektiven?

Videokonferenz am Freitag 13. November 2020 von 14:00 bis 18:30 Uhr

Arbeitskämpfe in China und Aufruhr in
Hong Kong - Welche Perspektiven?

Videokonferenz über Zoom

Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts will die herrschende Kommunistische Partei China zur stärksten Wirtschaftsmacht der Welt machen. Mit dieser Zielrichtung baut sie seit dem Parteitag Ende 2012 ihre Position in Wirtschaft und Gesellschaft auch gegen Widerstände weiter aus, u.a. mit ihrer Präsenz in Betrieben, Schulen und Universitäten. Kleine Schritte einer eigenständigen, parteiunabhängigen Beteiligung der Bevölkerung an großen Veränderungen, die etwa im Umweltbereich oder in den industriellen Beziehungen in den letzten Jahren entwickelt worden waren, wurden zurückgenommen.

Auch bei der Austragung von Arbeitskonflikten wurde die Opposition unterdrückt. Dies bezeugen die Inhaftierung, Drangsalierung und Einschüchterung Hunderter Aktivist*innen und Rechtsanwält*innen, die sich kritisch mit der Arbeitswelt auseinandersetzen, seit 2015. Deren internationale Kontakte wurden unter Generalverdacht gestellt und in der Folge eingeschränkt. Viele von ihnen wurden erst nach monatelanger Haft freigelassen.

Trotz wachsender Repression kam es in China, wie die Streik-Statistik von China Labour Bulletin zeigt, in den Jahren 2015-2019 zu 9.845 Protestaktionen und Streiks. Einige von ihnen wurden auch außerhalb Chinas aufmerksam verfolgt und führten zu Solidaritätsaktionen. Zwei sehr unterschiedliche Beispiele hierfür sind die Kämpfe gegen Leiharbeit bei der VW-Niederlassung im nordchinesischen Changchun 2017-2018 und die Arbeitskonflikte 2018-2019 in der Fabrik JASIC im südchinesischen Shenzhen, bei der die Arbeiter*innen eine von dem parteigesteuerten Gewerkschaftsbund ACFTU unabhängige Gewerkschaft forderten.

Protest bei Jasic

Eine neue Qualität der Herausforderung des Herrschaftsmodells der KP Chinas, die am 1. Oktober 2019 spektakulär das 70. Jubiläumsdatum der Gründung der VR China feiern wollte, entwickelte sich ab Mitte 2019, als es in Hong Kong zu anhaltenden Massendemonstrationen der Bevölkerung und aufruhrartigen Protesten gegen die verstärkten Kontrollbestrebungen der Zentralregierung über die autonome Sonderverwaltungszone kam. Diese Kontrolle wurde mit der Verabschiedung eines Gesetz zur nationalen Sicherheit in Hong Kong durch den Nationalen Volkskongress in Beijing und seiner Inkraftsetzung am 1. Juli 2020 weiter verschärft.

Hinzu kommt, dass die anhaltende COVID-19-Pandemie und die Maßnahmen der chinesischen Regierung zu Irritationen und verhaltenem Widerstand in Teilen der Bevölkerung geführt haben.

Protestierende Taxifahrer

Um Fragen wie diese wird es auf der Veranstaltung gehen:

Können Arbeitskämpfe, die auf eine soziale Veränderung abzielten, auch als Kritik an den kapitalistischen Produktionsverhältnissen in China gesehen werden?

Wie sind sie aus marxistischer Perspektive zu bewerten?

Was werden die Arbeiter*innen tun, wenn kapitalistische Krisen, aktuell etwa ausgelöst durch die Pandemie das Wirtschaftswachstum beenden und große soziale Verwerfungen eintreten?

Können der Widerstand von Bürger*innen, Arbeiter*innen und Studierenden inmitten einer Pandemie die Autorität der KPCh bzw. des Staates in verschiedenen sozialpolitischen Bereichen  herausfordern?

In welchem Zusammenhang stehen die Unterdrückung und die Kämpfe in Hong Kong einerseits und Arbeiterproteste und die Organisierung von Lohnabhängigen in anderen Teilen Chinas andererseits?

Wie müssen wir die Lage der Lohnabhängigen in Hong Kong und ihre Widerstandsbereitschaft einschätzen?

Wie können geeignete internationale Solidaritätsaktionen heute aussehen?

Programm:

Freitag, den 13. November 2020, 14:00 bis 18:30 Uhr

Englisch und Deutsch mit Simultanübersetzung

14:00  Begrüßung und Einführung durch die Veranstalter

14:10   Herr Jake Lin

Haben die jüngsten Arbeitskonflikte in China ein emanzipatorisches Potential für soziale Veränderungen? Einschätzungen und Ausblick

14:35 Frau Tian Miao
Organisierungsstrategien der Beschäftigten im Arbeitskampf in China

15:00 Pause

15:10 Herr Xu Hui

Kommentare zu den Vorträgen und Fragen an die Referent*innen

15:20 Antworten der ReferentInnen je 5 Minuten; anschließend
Plenumsdiskussion mit Gelegenheit für Fragen und Kommentare der TeilnehmerInnen (je max 3 Minuten)

16:15 Pause

16:45 Herr Au Loongyu

Welche Bedeutung hat Hong Kong für Veränderungen in China und welche Rolle spielen dabei kapitalismuskritische Organisationen?

17:10 Plenumsdiskussion mit Gelegenheit für Fragen und Kommentare der TeilnehmerInnen (je max 3 Minuten)

18:00 Schlussfolgerungen für internationale gewerkschaftliche Solidarität mit Arbeiter*innen in China

18:30 Ende der Videokonferenz

Referent*innen:

Herr Jake Lin, (PhD), promovierte an der Victoria University of Wellington in Neuseeland und ist seit 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld. Seine Forschungsschwerpunkte sind Arbeitspolitik und soziale Bewegungen, Ungleichheit und Kapitalismus in China, Ostasien und Pazifik.

Frau Tian Miao (M.A.) machte ihren ersten Universitätsabschluss an der Sun Yet-sen University in Guangzhou 2012 und ist heute Doktorandin am Institut für Sozialforschung der Universität Frankfurt/M. mit dem Schwerpunkt Gewerkschaften und Kollektivverhandlungen sowie Arbeitsbeziehungen inner- und außerhalb Chinas.

Herr Xu Hui (M.A.) machte seinen ersten Universitätsabschluss an der Sun Yet-sen University in Guangzhou und ist als Stipendiat der Rosa-Luxemburg-Stiftung Doktorand an der Universität in Jena zum Thema Arbeitsbeziehungen und Automatisierung der Produktion in China.

Herr Au Loongyu ist unabhängiger linker Publizist mit zahlreichen Veröffentlichungen zur Entwicklung der VR China und Redakteur der Internetwebsite Borderless Movement in Hong Kong (https://borderless-hk.com/). Er ist seit Ende der 70er Jahre engagiert in sozialen und gewerkschaftlichen Bewegungen in Hong Kong und hat das auf Englisch bei Pluto Press im August erschienene Buch Hong Kong in Revolt geschrieben, welches in Kürze auf Deutsch im Verlag Bertz & Fischer vom Forum Arbeitswelten herausgegeben wird.

Veranstalter:

Rosa-Luxemburg-Stiftung (www.rosalux.de)
Thomas Sablowski, e-mail: thomas.sablowski@rosalux.org

Forum Arbeitswelten e.V. (www.forumarbeitswelten.de)
Peter Franke,e-mail: forumarbeitswelten@fuwei.de

Anmeldung zur Videokonferenz:

Wir bitten um schriftliche und verbindliche Anmeldungper e-mail für die Teilnahmemit Angabe von Namen, Adresse, Telefonnummer und e-mail bis zum 11. November 2020 an Peter Franke, Forum Arbeitswelten e.V.

Die Teilnahmemöglichkeit wird bestätigt und ein Zugangscode ein Tag vor der Videokonferenz verschickt.

Der Videokonferenz wird unterstützt von der